Warum haben Boote kein Getriebe?

Warum haben Boote kein Getriebe?

Vom Autofahren kennen wir es alle: einen Motor mit Getriebe, also mehreren Gängen. Wir fahren im ersten Gang an, schalten dann bei mehr Tempo in höhere Gänge und so weiter. Aber bei Bootsmotoren ist dies nicht der Fall – sie haben immer denselben Gang, die Kurbelwelle ist direkt mit dem Propeller verbunden. Aber warum haben Boote kein Getriebe?

Der Hauptgrund ist, dass es einfach zu teuer und nicht effizient genug wäre. Das hat unter anderem damit zu tun, dass sich ein Propeller in das Wasser „beißen“ und sich zudem permanent drehen muss, um das Boot vorwärtszubringen. Würde man in einen höheren Gang schalten wollen, würde das Boot für kurze Zeit fast ruckartig „stehenbleiben“.

Das war aber nur eine ganz kurze Antwort auf die Frage. Im folgenden Artikel möchten wir diese ausführlicher beantworten und genau erklären, warum das so ist. Außerdem geben wir noch nützliche Infos rund um Boote und deren Motoren – es lohnt sich also auf jeden Fall, weiterzulesen.

Warum haben Boote kein Getriebe?

Grund 1: Es rentiert sich einfach nicht

Natürlich haben sich Ingenieure, Techniker und Bootsbauer seit der Erfindung des Benzinmotors auch Gedanken darüber gemacht, wie man Bootsmotoren effektiver machen kann. Der Grund, warum Boote in der Regel nicht damit ausgestattet sind, liegt schlicht und einfach darin, dass sich die Konstrukteure und Ingenieure im letzten Jahrhundert mit “gut genug” zufriedengegeben haben.

Um die Geschwindigkeit zu erhöhen, kann man zwei Dinge tun. Man kann die Propellerneigung ändern, also den Winkel, in dem die Blätter durch das Wasser schneiden (so wie ein Hubschrauber den Winkel ändert, um an Höhe zu gewinnen). Allerdings lässt sich dies nicht so leicht am laufenden Motor bzw. an einer sich drehenden Schraube bewerkstelligen.

Warum haben Boote kein Getriebe?
Motoren von Booten haben nur einen Gang

Eine Schiffsschraube braucht “Biss”

Man kann auch die Geschwindigkeit ändern, mit der sich der Propeller dreht, ohne im Wasser „an Biss zu verlieren“ (gegen den Widerstand der Rumpfkonstruktion und des Windwiderstands über Wasser) – also einfach für mehr Umdrehungen sorgen.

Verstellbare Schiffsschrauben gibt es zwar – allerdings sind diese sehr kostspielig, da sie sehr störungsanfällig sind und regelmäßig repariert oder ausgetauscht werden müssen. Aber was sind die anderen Gründe? Schauen wir uns erst einmal an, was ein Getriebe überhaupt ist.

Was ist überhaupt ein Getriebe?

Ein Motorengetriebe wird auch als „Umformelement“ bezeichnet. Dabei soll das Getriebe die Kraft vom Motor über die Antriebswelle an den Propeller weiterleiten. Wenn man jetzt einen anderen Gang einlegt, dann wird das Zusammenspiel verschiedener Zahnräder im Getriebe geändert, sodass es zu einem anderen Übersetzungsverhältnis kommt.

Dies ist beim Autofahren wichtig, da man durch ein entsprechendes Übersetzungsverhältnis effizienter fahren kann. So ist im ersten Gang das Drehmoment sehr hoch, es wird viel Kraft auf das Rad und somit auf die Straße übertragen, das Fahrzeug also „angeschoben“. Man erhält ein hohes Drehmoment, indem ein kleineres Zahnrad ein größeres antreibt.

In höheren Gängen, wenn das Fahrzeug dann rollt, braucht man eher kleinere Übersetzungen, da man hier weniger Kraft benötigt, sondern eher eine schnellere Umdrehung der Räder anstrebt. Hier sollte also ein großes Zahnrad ein (möglichst) kleines Zahnrad antreiben. Meist ist die Übersetzung im höchsten Gang 1:1. Ist sie höher (also das antreibende Zahnrad größer als das angetriebene), spricht man von Overdrive.

Und wieso haben Boote das nicht? – Der Unterschied zum Auto

Autos fahren auf der Straße. Wenn sie einmal in Bewegung sind, werden sie zwar vom Luftwiderstand und vom Reiben der Reifen auf dem Boden gebremst (mitunter auch vom Motor), sie fahren aber immer noch relativ lange mit der gleichen Geschwindigkeit. (Natürlich sollte man nicht bei 240 km/h plötzlich in den Leerlauf schalten).

Boote hingegen bewegen sich – Sie werden es sich denken können – im Wasser. Wasser verhält sich ganz anders als Luft. Wasser wehrt sich dagegen, aus dem Weg geschoben zu werden, und je stärker man drückt, desto stärker stößt es zurück. Der Fachausdruck dafür ist Komprimierbarkeit (engl. compressibility. (Aus diesem Grund ist ein Sturz aus großer Höhe ins Wasser in der Regel wie ein Aufprall auf Beton).

Grund 2: Boote müssten quasi immer beschleunigen, um nicht stehenzubleiben.

Zurück zum Boot. Je schneller sich der Propeller dreht, desto schwieriger wird es also, ihn zu drehen. Außerdem nimmt der Widerstand des Wassers gegen den Rumpf zu, was mehr Kraftaufwand erfordert. Ein Boot im Wasser ist also wie ein Auto, das einen sehr steilen Berg hinauffährt.

Es muss einen Gang herunterschalten, um die Geschwindigkeit zu halten oder zu beschleunigen. Bei einem Boot verwendet man daher in der Regel nur einen Gang. Denn was passiert, wenn Sie mit einem Auto oder Fahrrad einen steilen Berg hinauffahren und den Gang wechseln? Genau: Sie bleiben für kurze Zeit fast stehen.

Warum haben Boote kein Getriebe?
Ein Umschalten des Ganges würde Boote kurzzeitig fast zum Stehen bringen

Grund 3: Bei einem Gangwechsel käme es zu einem ruckartigen Halt

Eine Gangschaltung im Bootsmotor wäre zwar durchaus technisch möglich, allerdings würde aufgrund des oben beschriebenen Wasserwiderstands das Boot jedes Mal fast stehenbleiben bzw. extrem abbremsen. Und das wäre dann wahrlich kein entspannter Bootstörn mehr.

Grund 4: Unnötig bei sehr großen Schiffen

Der letzte Grund wird für Sie wahrscheinlich nicht zutreffen, aber wir wollen ihn hier doch der Vollständigkeit einmal aufführen. Denn bei großen Schiffen hat der Motor eine so große Masse und Leistung, dass man schlicht kein Getriebe oder Untersetzungsgetriebe braucht, um die Schiffsschraube anzutreiben. Und wir reden hier nicht von Motorbooten oder auch wirklich großen Yachten – sondern von Supertankern und Kreuzfahrtschiffen.

Die Motoren haben mehrere zehntausend PS und die Schiffsschrauben sind so groß, dass sie sich lediglich mit ein paar Dutzend Umdrehungen drehen müssen, um das Schiff vorwärts zu bewegen.

Warum haben Boote kein Getriebe?
Bei großen Schiffschrauben ist ein Getriebe ebenfalls unnötig. Quelle: Von Toto-tarou in der Wikipedia auf Japanisch – Eigenes Werk des ursprünglichen Hochladers (Originaltext: 者本人による撮影), CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=116594008

Haben Boote und Schiffe Gänge?

Wenn Sie damit den Motor eines Boots oder Schiffs meinen und auch ein Schaltgetriebe, wie Sie es aus einem (Benzin- oder Diesel-)Auto kennen, dann nein. Wie oben beschrieben macht ein Getriebe bei einem Bootsmotor keinen Sinn.

Bei einem Schiff spricht man höchstens von einer Gangway – aber das ist etwas vollkommen anderes: Nämlich eine ausklappbare Treppe, die es den Passagieren und der Crew ermöglicht, leichter an Land zu gehen, wenn das Schiff an einem Hafen anlegt.

Übrigens gibt es noch mehr Unterschiede zwischen Boot und Auto – zumindest hierzulande. Denn während bei uns die Lenkräder in Autos immer an der linken Seite vorzufinden sind, haben Boote ihr Steuer in der Regel auf der rechten Seite. Warum das so ist, können Sie in diesem Artikel nachlesen.


Wir hoffen, dass wir Ihnen mit diesem Artikel weiterhelfen konnten und wünschen Ihnen viel Spaß bei Ihrer nächsten Bootsfahrt!

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